Bienen haben ein ausgesprochen positives Image. Honig, Bienenwachs und Propolis gelten als gesund, und die Tiere selbst als Vorbilder für Fleiß und soziales Miteinander. Beim Thema Nachhaltigkeit zeigt das Verhältnis von Mensch und Honigbiene, dass man vieles falsch machen kann - aber auch, wie einfach ein Beitrag zum Schutz der Natur möglich ist. Ein Gastartikel von Dr. rer medic. Harald Stephan.
Das Konzept der Nachhaltigkeit ist eigentlich simpel: Nutze das, was dir zur Verfügung steht und sorge dafür, dass deine Nachkommen auch noch etwas davon haben. Vorausschauendes Handeln ist im besten Sinne des Wortes konservativ – es gilt die natürlichen Ressourcen zu erhalten und für künftige Generationen zu bewahren.
Ähnlich planvollem Vorgehen verdanken wir unseren Honig: Bienen überleben nur mit Wintervorrat die kalte Jahreszeit. Sie benutzen ihn als Heizmittel, indem sie mit zitternden Flugmuskeln Wärme produzieren. Haben sie zu wenig gesammelt oder wird es längere Zeit extrem kalt, stirbt das Volk. Honigbienen sorgen so gut vor, dass wir uns einen Teil ihrer Vorräte abzwacken können und die nächste Generation trotzdem etwas davon hat.
Unabhängig vom Honig sind wir bei der Bestäubung auf Bienen angewiesen. Honigbienen erledigen das gemeinsam mit Wildbienen bei den meisten Obst- und Gemüsesorten – ohne sie wären die Supermarktregale leer. Dessen ungeachtet setzen wir ihnen mit eintönigen Monokulturen, Pestiziden und Umweltverschmutzung zu. Das Bienensterben betrifft vor allem die nicht vom Imker betreuten Wildbienen. Allein in Deutschland gibt es über 350 Arten, von denen die meisten inzwischen auf der Roten Liste stehen.
Woanders ist die Misere bereits groß. Nach der Bekämpfung der Spatzen als Ernteschädlinge vermehrten sich in China die Schadinsekten explosionsartig. Dem versuchte man mit Pestiziden zu begegnen und vernichtete damit einen Großteil der Bienenpopulationen. Heute müssen vielerorts „menschliche Bienen“ Obstbäume mühsam von Hand bestäuben.
In den USA ließen riesige Monokulturen und Pestizide die natürlichen Bienenbestände so weit schrumpfen, dass Farmer auf „bees to rent“ angewiesen sind. Sie lassen Berufsimker ihre Völker dort aufstellen, wo man sie gerade für die Bestäubung benötigt.
In Europa verschlimmert die aus Asien eingeschleppte Varroa-Milbe das Bienensterben. Für die fernöstliche Honigbiene ist sie kein existenzbedrohendes Problem, aber für unsere einheimische Apis mellifera. Nicht anders als bei Schweinen und Hühnern gibt es bei uns fast nur noch auf maximalen Ertrag getrimmte Hochleistungsrassen. Die alten Bienensorten putzten sich wie ihre asiatischen Verwandten gegenseitig die Milben aus dem Pelz, wohingegen die neuen so auf Honigsammeln fixiert sind, dass sie die soziale Fellpflege vernachlässigen. Die Blutsauger schwächen die ohnehin von Pestiziden und Umweltgiften gebeutelten Völker so sehr, dass sie den Winter häufig nicht überleben.
Zusätzlich unterstützt das Styropor und Plastik vieler moderner Bienenstöcke die Ausbreitung der Schädlinge. Mangels Durchlüftung steigt die Luftfeuchtigkeit, es bildet sich Schimmel und die Bücherskorpione flüchten. Die kleinen Krabbler waren in klassischen Strohkörben gern gesehene Mitbewohner, die ihre Miete mit der Bekämpfung von Milben und anderen Parasiten beglichen.
In der Landwirtschaft kümmert man sich aus gutem Grund immer besser um den Schutz der Bienen. Grünstreifen durchziehen Ackerflächen und erhöhen mit bienenfreundlichen Wildkräutern die Artenvielfalt. Bauern achten auf bienenverträgliche Pflanzenschutzmittel und bringen sie zu Zeiten aus, in denen möglichst wenig Tiere unterwegs sind. Zudem geben sie benachbarten Imkern vor dem Spritzen Bescheid, damit sie ihre Völker rechtzeitig woanders unterbringen können. Im Gegenzug sorgen die für ein paar zusätzliche Bestäuber, wenn es gerade irgendwo blüht. So bekommt der Imker mehr Honig und der Bauer eine größere Ernte.
Der Verbraucher bestimmt Angebot und Nachfrage und entscheidet über das Interesse der Industrie an Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Darüber hinaus kann jeder von uns etwas zum Schutz von Bienen und Natur beitragen.
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bienen.info: Wildbienenhotel – Alles Wissenswerte zu Nisthilfen für wilde Bienen.
Autor:
Dr. rer medic. Harald Stephan
Wissenschaftler, Publizist, Illustrator
"Ich habe in Saarbrücken Biologie studiert und an den Universitäten Marburg, Bochum und Essen-Duisburg in Forschung und Lehre gearbeitet. Vor einigen Jahren habe ich mich als promovierter Gesundheitswissenschaftler selbständig gemacht und schreibe seitdem vor allem fürs Internet. Thematisch geht es meistens um Medizin, Gesundheit, Ökologie und nachhaltiges Leben. Der eine oder andere Artikel aus meiner Feder ist Ihnen bestimmt in der Rentner-Bravo aus der Apotheke oder online begegnet – mittlerweile sind es mehr als tausend…"
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